Na, haben Sie sich schon gefragt, welches “Food for Thought”, welche Nahrung zum Nachdenken, ich Ihnen zum Jahresbeginn servieren werde? Es hat nicht unmittelbar mit der Digitalisierung zu tun, wohl aber mit Veränderung und Transformation. Und sehr viel mit Ihrer inneren Motivation.

“Shut the door, change the record, clean the house, shake off the dust.
 Stop being who you were, and change into who you are.” Paulo Coelho

Dieses – hier verkürzt wiedergegebene – Zitat postete kürzlich ein digitaler Unternehmer auf Facebook, nachdem er eine radikale Entscheidung getroffen hatte. Eine Entscheidung zugunsten des Unternehmenserfolgs, die aber engagierte Mitarbeiter verletzen und aus der Bahn werfen könnte. Und die Auswirkungen auf die DNA seines Business haben wird und möglicherweise auch ihm schlaflose Nächte bereitet.

Dieses und andere Postings zum Thema sind möglicherweise als eine Art virtuelle Selbsterklärung mit Entschuldigungs- und Motivationscharakter gedacht. Als ein “OMG. Das tut mir leid. Aber das muss jetzt sein.” Nicht so im Sinne von Sachzwang, wie Sie das vielleicht aus Ihrer Geschäftswelt kennen, sondern eher in dem Sinne: “Ich muss mich und meine Art Geschäfte zu führen ändern, meinem eigenen Selbstverständnis vom modernen Leadership näher kommen und am meinem Leben wachsen. Bitte habt Verständnis dafür und begleitet mich auf dieser für euch schwierigen Reise.”

Es geht um die Entscheidung eines Digital Leaders, der seine Unternehmensstruktur verändern will. So wirbt er auf Facebook um das Verständnis seiner Mitarbeiter und Weggefährten – in der Hoffnung auf ihr Verständnis und ihre Unterstützung. Weil er ohne sie nicht erfolgreich sein kann. Denn ohne ihre Motivation und ihr eigenständiges Engagement läuft das Unternehmen nicht.

Transformationale Führungskräfte motivieren Mitarbeiter intrinsisch
Wenn Chefs ihre Mitarbeiter aber nicht nur anleiten, sondern auch überzeugen wollen, verwenden sie den sogenannten „Transformational Leadership Style”. Auf Wikipediawird “Transformationale Führung” als der Führungsstil beschrieben, “bei dem durch das Transformieren (aus dem Lateinischen transformare = umformen, umgestalten) von Werten und Einstellungen der Geführten – hinweg von egoistischen, individuellen Zielen, in Richtung langfristiger, übergeordneter Ziele – eine Leistungssteigerung stattfindet. Transformationale Führungskräfte motivieren ihre Mitarbeiter intrinsisch, indem sie beispielsweise attraktive Visionen vermitteln, den gemeinsamen Weg zur Zielerreichung kommunizieren, als Vorbild auftreten und die individuelle Entwicklung der Mitarbeiter unterstützen.”

Immer wieder habe ich mich gefragt, warum der “Transformational Leadership Style” eine zwingende Voraussetzung für Digital Leadership ist? Reicht es nicht, wenn Top-Manager die Methoden des Digitalen kennen und eine Wertschöpfungskette gemäß des “Lean Management-Prinzips” agil entwickeln und/oder Projekte mit zertifizierten“Scrum Master” und “Product Ownern” zum Erfolg führen?

Mutig in der Führung
Rein technisch betrachtet schon. Doch wie motivieren Sie Menschen zu maximalen Leistungen? In dem Sie das vorleben, was Sie von Ihren Mitarbeitern erwarten, und sie alles, was sie für Sie und das Unternehmen tun, positiv unterstützen: im persönlichen Gespräch, am Telefon, per Mail oder Gruppen-Kommunikationstools wie Slack oder eben über das gute alte Facebook. Indem Sie ihnen vorleben, dass es sich lohnt, sich für die Aufgabe, das Projekt oder was auch immer Sie tun, einzusetzen. Extreme Gruppierungen beispielsweise haben Ihnen einiges voraus, nutzen sie doch die Möglichkeiten der digitalen und sozialen Medien perfekt, um ihre Botschaften ganz gezielt in bestimmten Milieus zu verbreiten.

Diese Provokation wollen Sie doch sicher nicht auf sich sitzen lassen, oder? Deshalb, geben Sie sich einen Ruck. Zeigen die Sie Eigenschaften, die ein Digital Leader laut einer Studie der Headhunter-Agentur Russel Reynolds ausmacht: mutig in der Führung, disruptiv, innovativ, sozial hoch kompetent und entschlossen.

Entschließen Sie sich dazu, etwas anders oder ganz neu zu machen. Schließen Sie die Tür hinter dem Alten, legen Sie eine neue Platte auf und finden Sie heraus, welche Werte Sie antreiben und wofür sie stehen. Seien Sie mutig in der Führung, gar ein Vorbild und schauen Sie, was Sie in Ihrer Welt Gutes tun können.

Große und kleine Taten profilierter Business Leader
Auf Upworthy, einem dieser neumodischen, viel geklickten amerikanischen Video- und Bilder-Portale, auf dem Wissenswertes als bebilderte Listen aufbereitet und mit lustigen Texten emotionalisiert werden, erschien einige Tage vor Weihnachten ein Artikel mit der Überschrift “9 high-profile CEOs who did positive things in 2015”Upworthy-Autor Maz Ali nennt neun profilierte Business Leader, die große oder kleinere Dinge getan haben, um ihre Welt ein wenig besser zu machen. Hier ein Auszug aus seinem Artikel:

Als Mark Bertolini, CEO der super erfolgreichen Krankenversicherung Aetna, hörte, dass die Mitarbeiter seiner Call Center nicht von ihrem Lohn leben können und sich für Essenmarken bewerben müssen, um zurecht zu kommen, hat er den Mindestlohn der Company auf 16 US Dollar pro Stunde erhöht und 5.7000 Mitarbeiter damit aus einer misslichen Lage befreit.

Richard Branson, Chef der Virgin-Gruppe und wohl der umtriebigste und bekannteste Unternehmer in Großbritannien, hat für Mitarbeiter, die Mütter oder Väter von neugeborenen oder adoptierten Kindern sind, eine bezahlte Elternzeit eingeführt. Ihre private Kinderbetreuung wird ein Jahr lang zu einhundert Prozent vergütet. Allerdings nur in den Büros in London und Genf.

Auch Reed Hastings, der im letzten Frühjahr auf der “re:publica” mit seiner persönlichen Gründungsgeschichte von Netflix seine Zuhörer begeisterte, hat eine vergleichbare Elternzeit-Policy erlassen, ebenfalls für einen eingeschränkten Mitarbeiterkreis. Das Privileg erhalten nur Mitarbeiter der Streaming-Abteilung. Die in der DVD-Abteilung arbeiten, gucken in die Röhre.

Rose Marcario, CEO des Outdoor-Unternehmens Patagonia, besteht auf Nachhaltigkeit, selbst wenn es auf Kosten des Umsatzes geht. Neben einer bewusst ökologischen Produktion und der Unterstützung von Umweltorganisationen, setzt Patagonia auf Reparaturen und Recyling. Sie haben die größte Reparaturwerkstatt für Bekleidung in Nordamerika eingerichtet, bieten ihren Kunden Werkzeuge an, damit sie ihre Sachen selbst reparieren können, tauschen Alt gegen Neu und sorgen dafür, dass Gebrauchtes an Bedürftige gespendet werden kann.

Als Dan Price, Chef des Finanzdienstleisters Gravity Payments, 2010 in einer “Princeton-Studie” las, dass die Menschen mit einem Jahreseinkommen von 75.000 Dollar am Glücklichsten sind, beschloss er, das Mindesteinkommen seiner Mitarbeiter für zwei Jahre auf 70.000 Dollar anzuheben. Diese Maßnahme kompensierte er in Teilen mit seinem eigenen Jahresgehalt. Wir ahnen es, er kürzte sein Gehalt von rund 1,1 Mio. US Dollar ebenfalls auf 70.000 US Dollar. Auch wenn das Unternehmen aktuell unter juristischen Nachwirkungen des Experiments leidet, die die wahre Motivation des CEO für diese Aktion hinterfragen. Viele Mitarbeiter haben zumindest eine Zeit lang von seiner Maßnahme profitiert.

Natürlich müssen Sie nicht gleich das Gehaltsgefüge Ihres Hauses auf den Kopf stellen. Doch gerade jetzt, zu Beginn des neuen Jahres, macht es Sinn, die Tür zu Ihrem Chefbüro zu schließen, den Staub abzuschütteln und sich auf die neue Zeit einzustellen: mutig in der Führung, disruptiv, innovativ, sozial hoch kompetent und entschlossen – so schwer kann das doch gar nicht sein. Und ja, ich bin auch weiterhin an Ihrer Seite.

Bis zum nächsten Montag und einer neuen Folge meiner Kolumne Thank God, it’s Leadership Monday.

Einen entschlossenen Start ins neue Jahr wünscht Ihnen,

Ihre Christiane Brandes-Visbeck