Diese Frage ist mir in diesem Jahr in einem Podcast gestellt worden. Und sie hat vieles verändert. Schon im Frühjahr 2020 ist richtig klar geworden, dass die Zeit gekommen ist, mich dieser Frage zu stellen. In dem Moment, in dem die Pandemie und mit ihr der Wegfall vieler Aufträge mich gezwungen haben, mir genau diese Frage zu stellen: „Wer willst du noch werden, wenn du schon so vieles warst?“

 

Um mich der Frage zu nähern, habe ich überlegt, was mir wirklich wichtig ist:

  • Durch Kollaboration im Team etwas zu bewirken und zu bewegen.
  • Etwas zu tun, was für die Gesellschaft und die Welt einen Impact hat.
  • Das Arbeiten mit dem Blick auf Wasser.

 

Ich möchte Zukunft gestalten und unvereinbare Gegensätze zusammenbringen.

Ich möchte groß denken, klein anfangen und das sofort.

Ich möchte weg von Kleinkrämerei und Kabbeleien hin zu Werten und Wertschätzung.

 

Bei allem möchte ich weniger getrieben sein. Ich muss niemanden mehr etwas beweisen außer mir selbst. Dafür brauche nur ich mich und einige wenige Menschen, die mir ehrlich die Meinung sagen.

 

Ich sein

Und als ich mit dies überlegte, fühlte ich, dass ich vieles an dem bereits gelebt hatte. Damit hat „back to the roots“ bei mir und für mich eine neue Bedeutung erhalten. Ich war nie ein Mensch, der besitzen, haben und vermehren wollte. Besitz und Status war mir nicht wichtig. Doch beides spielt in meinem Umfeld eine große Rolle. So habe ich diese Perspektive angenommen, um zu gefallen und angenommen zu werden. Das hat mich ein Stück weit von mir selbst entfernt. Inzwischen habe ich vieles geändert. Seit Februar arbeite ich angestellt bei einer Digitalberatung und für meine eigene Firma. Ich arbeite viel und bin dennoch im Urlaub möglichst nicht erreichbar. Ich sage Aufträge ab, wenn mir die Arbeitskonditionen nicht zusagen. Ich sage öfters nein und bliebe konsequent bei meinen Werten. Jetzt fühlt es sich so an, dass wieder selbstbestimmt lebe und arbeite, weil ich es mir selbst erlaube. Und damit bin ich wohl – ohne fertig zu sein – bei mir selbst angekommen.

 

Work-Life-Blending ist für mich einmal mehr das Prinzip meines Arbeitens geworden. Ich habe immer gerne gearbeitet und tue das nach wie vor. Für mich ist dies keine Entscheidung zwischen Familie oder Karriere, zwischen angestellt sein oder Unternehmertum, zwischen Home oder Office. Der Wandel zur digitalisierten Arbeitswelt, den die Pandemie großflächig mit sich gebracht hat, war schon lange meine Lebensrealität. Dass diese einen Zuwachs an Akzeptanz in meinem Umfeld erfährt, ist großartig. Vernetztes Arbeiten war dabei immer schon mein „Tool“ ohne dass ich es bewusst als solches wahrgenommen habe. Arbeit und Ort waren und sind für mich viel weniger eine Einheit als Arbeit und Intuition oder Arbeit und Wirksamkeit. So entstehen Verflechtungen aus Räumen, Projekten, Menschen und Ideen. So entsteht Innovation!

 

Digital Leadership

Dieser gesamte Prozess – die durch die Digitalisierung mögliche Vielfalt bei gleichzeitiger Befreiung von Rollenklischees und Karrierepfaden, entspricht meiner Idee von Digital Leadership. Mein Bild eines Digital Leader ist das eines Menschen, der angekommen ist, der sich auf das wesentliche fokussiert und diese Perspektive an sein Team weitergibt. Es geht nicht um „immer mehr für mich“, sondern um „gemeinsam wirksam“. Das bedeutet oft Reduktion, Fokus und Einfachheit. So entsteht Platz für Neues. Digital Leadership ist wie eine Mini-Pandemie für Zukunftsfähigkeit. Es geht um eine Disruption, die Menschen stärkt und befähigt, die ihren den Blick für das Wesentliche schärft – für eine lebenswerte Zukunft.

 

Ich habe selbst in den zwei Jahren eine unfassbare Transformation durchlebt – das Alte wird aufgeräumt, ein Teil wird bewahrt und wertgeschätzt, Neues kommt hinzu. Es entsteht etwas Innovatives, das sich aus diesem oft schmerzhaften Prozess heraus entwickelt. Das Wesen der Transformation ist so viel weitergreifender und richtungswesender als das von Change. Eine Transformation bringt Menschen und Organisationen auf einen höheren Level. Vom ICH zum WIR ermöglicht uns Menschen Freiheit durch Gemeinschaftliches wirken. Dafür ist es wertvoll sich selbst zu erkennen und diesen Freiraum zuzulassen.

 

Vernetzung

Freiraum zu geben und zu gestalten hat einen unfassbaren Impact auf unsere Arbeitswelt. Wenn Menschen nicht mehr Job Descriptions oder Funktionen gerecht werden müssen, sondern Rollen finden, in denen sie das tun dürfen, was ihnen liegt und Freude bereitet, dann fällt eine unglaubliche Last von ihnen ab. Weg von unsinnigen Standards und Normen hin zu Kollaboration und dem Aushandeln von Verantwortlichkeiten – das ist ein wesentlicher Aspekt neuen Arbeitens. Wir machen Dinge mit Freude, wenn wir etwas bewegen können, wenn wir Wirkung erzielen können, dann werden aus Jobs Berufungen. In der frühen Geschichte wurden Menschen nach ihren Interessen und Stärken eingesetzt. Vernetzung und Digitalisierung ermöglichen das wieder.

 

Zukunftsnarrative

Über die Chancen, die Digital Leadership und New Work mit sich bringen, erzähle ich gern in Impulsvorträgen und Workshops. Geschichten zu erzählen, die die Sehnsucht nach einem freien, selbstbestimmten und erfüllten Arbeitsleben wecken, macht mit glücklich. Und die, die mir zuhören auch.

 

Und genau da setzen Zukunftsnarrative an. Narrative sind sinnstiftende Erzählungen, die Einfluss darauf haben, wie wir die Welt, in der wir leben, wahrnehmen. Sie transportieren Werte und Emotionen. Sie enablen uns, tatkräftig und wirksam zu werden. Weil sie von einer großen Anzahl von Menschen eines Kulturkreises als gültig und „wahr“ angenommen werden, sind sie keine beliebigen Geschichten mehr, sondern Narrative. Narrative als legimitierte Erzählungen, sind die Basis von einer Transformation zu Digital Leadership und New Work. Es geht um positive, zukunftsgestaltende Wahrheiten, oftmals geteilt von Gleichdenkenden in einem Netzwerk. Zukunftsnarrative können uns ermutigen, ihrer Intuition zu vertrauen und neue Wege zu gehen. Damit werden Innovationen natürlich – im Sinne von organisch und aus dem Wesen des Menschen heraus geboren. Intuition ist der erste Impuls. Sprache schafft Wirklichkeit. Kommunikation gestaltet Zukunft.

 

Fülle in mir

Vieles von dem, was ich in den letzten Jahren entwickelt und erlebt habe, hat mein Denken und Handeln, dass sich schon immer in mir trug, positiv verstärkt. Anderes durfte losgelassen werden und gehen. Ich möchte gemeinsam mit anderen eine positive Zukunft der Arbeit gestalten. Da haben Ängstlichkeit und negative Gedanken nichts zu suchen. Das ist kein Augenverschließen vor der Realität – das ist das Entwickeln von Kraft für das Tun. Schreckensszenarien machen uns starr und handlungsunfähig. Perspektivlosigkeit lähmt.

Die Idee von einer Welt, in der jeder Mensch in seiner Individualität gesehen wird und echte Diversität möglich ist, treibt mich an. Sie macht Menschen aktiv und befördert Kollaboration. Diese Vorstellung gibt mir selbst Kraft. Und jeder Tag liefert dafür kleine Geschichten.

 

Großzügigkeit und Ganzheitlichkeit ermöglichen Fülle – wenn beides da ist, kann ich gut Freude und Zuversicht teilen. Innerhalb meines Netzwerks und darüber hinaus. So wie ich es mit meiner Beratungslogik Kollektive Intuition beschreibe: Zukunftsfähigkeit gestalte ich nicht allein, aber sie fängt bei mir selbst an.

Wir können alle wertvoll sein. Unsere Geschichten ebenso. Sie wecken unsere Sehnsucht nach einer lebenswerten Zukunft – und die Neugierde auf den Menschen, den ich noch sein werde.